Tags: Fulfillment, Versandmanufaktur, Logistik, Logistikplanung, Start-Up

Transparentes Kostenmodell im Fulfillment

In einem engen Markt müssen Händler und Dienstleister partnerschaftlich zusammenrücken. Hierfür braucht es das gute Gefühl, durch ein hohes Maß an Transparenz immer die Kontrolle zu haben.

Es ist der Fluch der kleinen Zahlen. 4 Cent für einen Lieferschein, 0,12 Cent für Produktetikettierung und 1,20 EUR. für die Nachqualifizierung von Adressdaten. So kommen auf der Monatsrechnung eines Onlinehändlers, der seine Logistik ausgegliedert hat, neben den Hauptpunkten noch schnell mal ein paar hundert Euro mehr zusammen. Die Beispiele zur Aufbesserung der Fulfillmentpauschale sind reich gesät. Was den Onlinehändler aber am meisten daran ärgert, ist die Tatsache, dass er die Berechnungsbasis nicht einfach nachvollziehen und schon erst recht nicht kontrollieren kann.

Welche logistischen Kennzahlen kennt der Onlinehandel: Anzahl Pakete und Teile, die in einem Zeitraum eingekauft und wieder verkauft wurden und die Retourenquote natürlich. Aber ob ein Lieferschein 1 oder 2 Seiten lang ist, das muss der Handel dem Fulfillmentunternehmen schon glauben. Schade eigentlich. Das sind keine guten Voraussetzungen für eine konfliktfreie, partnerschaftliche Zusammenarbeit.

Andererseits ist der Wunsch des Handels an den Fulfillmentpartner auch nur schlecht realisierbar, der am liebsten einen Prozentsatz x vom Umsatz für Dienstleistungen zahlen möchte. Die Personalkosten von Wareneingang bis Verpackung sowie die Kosten für Kartonagen, Transport und Lagermiete sind aber immer gleich hoch, ob im Handel SALE angesagt ist oder nicht.

Die Lösung liegt wie häufig darin, Dinge zu vereinfachen. Die Personalkosten um z.B. ein liegendes Kleidungsstück durch einen Logistikprozess zu schleusen, lassen sich mit der nötigen Prozessqualität recht präzise ermitteln. Gleiches gilt für die Lagermiete. Jetzt gibt es noch die Kosten, die sich pro Auftrag ergeben. Das sind Kosten für Verpackungsmaterial und Paketversand. Beides lässt sich nachvollziehbar in Gewichtsstaffeln pro Paket abbilden. Alles andere wie Overhead, Versicherung und Entsorgungskosten werden auf die vorgenannten Positionen umgelegt. Selbst Value Added Services wie Debitorenmanagement und Telefonsupport lassen sich häufig so umlegen.

Am Ende kommt eine einfache und nachvollziehbare Aufstellung heraus:

  • Fulfillment pro versendeter Verkaufseinheit
  • Lagermiete pro m3 Lagervolumen
  • Paketpreisstaffel
    • bis 2 kg
    • bis 10 kg
    • bis 30 kg

Aus jahrelanger Erfahrung und einem hohen Maß an Experimentierfreudigkeit – das Bessere ist schließlich der Feind des Guten – haben wir uns in der Versandmanufaktur auf diese einfache Summenformel mit unseren Kunden geeinigt. Die so eingesparten endlosen Diskussionen über Abrechnungen mit unseren Kunden verwenden wir darauf, gemeinsam über eine permanente Verbesserung der Prozesskette und über Vermeidung von Verschwendungen nachzudenken. In diesem eng kalkulierten Markt hat niemand Geld zu verschenken. Hier sitzen Dienstleister und Händler in einem Boot.

Und dieses Verständnis ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Zeiten, wo man nach zähem Ringen einen 2-Jahresvertrag unterschreibt und durch geänderte Rahmenbedingungen im Laufe der Zusammenarbeit einer der beiden Vertragspartner das Nachsehen hat, sollte vorbei sein.

Dieses einfache Abrechnungsmodell ist auch gleichzeitig eine Checkliste mit den Punkten, über die beide Vertragspartner quartalsweise, mindestens aber halbjährlich sprechen sollten.

Ist das Verpackungskonzept noch das Richtige? Lassen sich Aufwendungen, wie beispielsweise das Etikettieren von Verkaufseinheiten beim Lieferanten effizienter und günstiger realisieren als beim Dienstleister? Ist der Lagerbestand richtig dimensioniert oder kann der Dienstleister durch Direktabruf beim Lieferanten zum spät möglichen Zeitpunkt den Lagerbestand und damit auch die Kapitalbindung senken. Randbemerkung: Das muss der Dienstleister aber auch wollen. Wer im Wesentlichen davon lebt, Lagerfläche zur vermieten, ist an dieser Stelle der falsche Ansprechpartner.

Fazit: In einem engen Markt müssen Händler und Dienstleister partnerschaftlich zusammenrücken. Hierfür braucht es das gute Gefühl, durch ein hohes Maß an Transparenz immer die Kontrolle zu haben. Dann haben Beide den Kopf frei, um Potenziale in der Wertschöpfungskette zu heben.